Lokalisierung der Varusschlacht durch Cornelius Tacitus
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Cornelius Tacitus hinterlässt uns eine Fülle
verschiedener Informationen über die gesuchten Örtlichkeiten, obwohl er gar
nicht über die Varusschlacht selbst berichtet, aber sehr detailliert
über die Germanicusfeldzüge fünf bis sieben Jahre später. Über die
eigentliche Intention über diese Feldzüge gibt uns Tacitus eingangs
seiner Annalen Auskunft, denn er schrieb
(Tac.Ann.I/1): „Der einzige Krieg, der in
dieser Zeit noch andauerte, war der gegen die Germanen; er sollte mehr
die Schande des unter Quintilius Varus verlorenen Heeres tilgen als den
Wunsch nach Ausdehnung des Reiches oder sonst einem den Einsatz
lohnenden Preise dienen.“ Die Tilgung dieser Schmach konnte nur
durch die rigorose Vernichtung der an dem Aufstand beteiligten Germanenstämme
geschehen.
So lässt
Germanicus im Sommer des Jahres 14 einen ersten Vorstoß in
rechtsrheinische Gebiete, gegen die dort siedelnden Marser durchführen.
Tacitus berichtet uns von diesem ersten begrenzten Germanicusfeldzug
der den Anfang eines gewaltigen römischen Militäreinsatzes gegen die
verfeindeten Germanenvölker markierte
(Tac.Ann.I/49): „Der Caesar
(Germanicus)...
setzte auf einer Schiffbrücke zwölftausend Legionssoldaten,
Sechsundzwanzig Kohorten der Bundesgenossen und acht Reiterschwadronen
über,...“ Da sich der Feldzug vor allem gegen die Marser richtete,
die etwa zwischen der Lippe und der Wupper lebten, müsste dieser
Rheinübergang folglich im Bereich dieser beiden Flussmündungen
geschlagen worden sein.
Für das darauf folgende Jahr plante Germanicus
den ersten unfassenden Schlag gegen die rechtsrheinisch siedelnden
Germanen. Zuerst bekämpfte der römische Befehlshaber im Taunus die
Chatten und befreite den Cheruskerfürsten Segestes aus einer Belagerung
arminiustreuer Germanen (Tac.Ann.I/57). Segestes hatte sich in der Vergangenheit den
Römern gegenüber derart loyal verhalten, dass er sogar seinen
Stammesbruder Arminius an Varus verraten hatte. Und für Germanicus
schien es gleichermaßen wichtig zu sein, einem Verbündeten auf
germanischer Seite beizustehen. Bei diesem Beistandsversuch fiel
Germanicus die hochschwangere Frau des Arminius, Thusnelda in die
Hände und er ließ sie nach Rom verschleppen.
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Der Germanicusfeldzug des Jahres 15 nach Tacitus Teil 1
Rot = Flottenbewegung der Germanicuslegionen
Blau = Weg des Pedo
Gelb = Weg des Caecina
Grün = Mutmaßlicher Weg der einzelnen Abteilungen des
Germanicusheeres zur Bekämpfung der Brukterer
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Um
anschließend einer um sich greifenden gemeinsamen Rebellion der Germanen
entgegen zu wirken, ging Germanicus gegen die rechtsrheinischen und
nordlippischen Völker in die Offensive. Da sich die Germanen in der
Vergangenheit einer Konfrontation mit den Römern oftmals durch Rückzug
in unübersichtliche und unzugängliche Gegenden entzogen hatten, wollte
er diesmal ein Zurückweichen und damit das Entkommen des Gegners
verhindern. So gleicht auch die Angriffstaktik des römischen Feldherrn
einem großräumigen Einkesselungsmanöver, das den Zweck verfolgte, ein
Ausweichen der germanischen Stämme über die Ems oder Lippe zu
verhindern. Tacitus beschreibt das Vorgehen des römischen Heeres
folgendermaßen (Tac.Ann.I/60): „Und damit nicht die ganze Wucht des Krieges auf
einmal hereinbreche, schickte er Caecina mit vierzig römischen Kohorten,
um den Feind zu zersplittern, durch das Gebiet der Bructerer an den
Fluss Amisa (Ems), während die Reiterei
der Befehlshaber Pedo durch das Gebiet der Friesen führte. Er selbst
fuhr mit vier Legionen, die er auf Schiffe verladen hatte, über die
Seen. Fußvolk Reiterei und Flotte trafen gleichzeitig an dem
vorbestimmten Fluss ein.“Caecina
drang demnach von Vetera aus durch das Gebiet der Brukterer, parallel der Lippe
bis zum Oberlauf der Ems und von dort diesen Fluss abwärts. Durch diesen Vorstoß
wurden die Brukterer von ihren Verbündeten, den Cheruskern und Chatten
abgeschnitten, und nahm gleichzeitig den Brukterern die Möglichkeit, sich in
Gebiete jenseits der oberen Lippe und der oberen Ems zurückzuziehen. Die
Reiterei unter dem Befehlshaber Pedo zog durch das Gebiet der befreundeten, an
der Nordsee siedelnden Friesen bis zur Ems. Germanicus selbst fuhr mit einer
Flotte, vom Rhein durch die Nordsee in den Dollart. Von dort aus fuhr er die Ems
aufwärts um an diesem Fluss ein Lager als Ausgangsposition abzustecken. Wie weit
die Ems seinerzeit schiffbar war und wo Germanicus sein Lager absteckte ist noch
nicht sicher zu lokalisieren, aber im günstigsten Fall hätte er mit seinen
Schiffen bis zur heutigen Kleinstadt Rheine gelangen können.
Die
beiden letztgenannten Angriffsspitzen machten diesen Umgehungsvorstoß um
den Gegner im Rücken zu attackieren und gleichfalls dessen Rückzug über
die Ems, in östlicher gelegene Gebiete, zu verhindern. Dann sollten
bedingt nach dieser Quellenlage die feindlichen Germanen durch
unterschiedliche Zangenbewegungen von Osten und Süden aus, eingekesselt
und aufgerieben werden. Im Verlauf dieser Kämpfe gelang es den Römern
offenbar, die feindlichen Germanen, in den Gegenden in denen sie ohne
weiteres operieren konnten, vernichtend zu schlagen und aus diesem Teil
ihres Siedlungsgebietes zu vertreiben, denn Tacitus schrieb dazu: “Die
Brukterer, die selbst ihr Hab und Gut verbrannten, schlug L. Stertinius,
den Germanicus mit einer leichten Heeresabteilung abgesandt hatte.
Während des Mordens und Plünderns fand er den Adler der neunzehnten
Legion, der unter Varus verloren gegangen war.“
Und nun
kommt die Stelle bei Tacitus, die viele Geschichtsforscher beflügelt,
inspiriert und fehlgeleitet hat. Tacitus schrieb: „Dann führte er
sein Heer weiter bis zu der äußersten Grenze der Bructerer, und das
ganze Gebiet zwischen den Flüssen Amisa (Ems) und Lupia (Lippe), nicht weit von dem Teutoburger Wald, in dem, wie es hieß,
die Überreste des Varus und seiner Legionen unbegraben lagen, wurde
verwüstet.“ Da Tacitus mit der Ortsangabe zwischen Lippe und Ems
das Einsatzgebiet des Germanicus beschreibt, ging man bisher davon aus,
dass er die Gegend zwischen den Oberläufen dieser beiden Flüsse meinte.
Denn nur hier fließen diese beiden Gewässer nach heutigem
Geographieverständnis parallel, und damit als Gebiet bezeichenbar,
zueinander. Geht man jedoch davon aus, dass die Römer seinerzeitlich
eine andere Vorstellung von dem Flusslauf der Lippe hatten (über diese
Problematik wird an anderer Stelle ausführlich eingegangen), die damals
wahrscheinlich die gleiche süd-nördliche Fließrichtung wie die Ems
hatte, wird bei dieser Textstelle des Tacitus ein viel größerer Bereich,
nämlich das ganze Gebiet der Münsterländer Bucht dargestellt.
Da man
heute in etwa den Siedlungsraum der Brukterer einordnen kann, aber nicht
deren genauen Grenzen kennt, und schon gar nicht die äußersten Grenzen,
bot die Angabe dass Germanicus sein Heer bis zu den äußersten Grenzen
der Brukterer führte, Platz für mannigfaltige Interpretation und
Spekulation. Da Tacitus das Gebiet zwischen Ems und Lippe erwähnt ging
man bei vielen Schlachtorttheorien davon aus, dass diese beiden Flüsse
das Gebiet der Brukterer eingrenzten, und Germanicus demnach den Ort der
Niederlage jenseits dieser Flussläufe aufsuchte. Aber da Caecina mit
seiner Heeresabteilung von der Lippe kommend in nördlicher Richtung in
die Westfälische Bucht eindrang und Germanicus mit seinen Truppen von
der Ems aus nach Westen vordrang gab es für die von nun drei Seiten
eingekreisten Brukterer nur eine Rückzugsmöglichkeit, nach Norden in das
heutige niederländisch-deutsche Grenzgebiet.
Denn
Tacitus fährt fort: “Nun erwachte in dem Caesar
das Verlangen, jenen Soldaten und ihrem Heerführer die letzte Ehre zu
erweisen, wobei das ganze anwesende Heer von schmerzlichen Mitgefühl
erfüllt war wegen der leidvollen Kriege und des menschlichen Loses.
Caecina wurde vorausgeschickt, um die entlegenen Waldgebiete zu
durchforschen und über das sumpfige Gelände und den Trügerischen
Moorboden Brücken und Dämme zu führen. Und nun betraten sie die
Unglücksstätte, grässlich anzusehen und voll schrecklicher
Erinnerungen.“
Tacitus
schreibt nichts von einer Flussüberquerung, wie so oft bei anderen
Feldzügen von denen er berichtet. Außerdem scheint es unverständlich zu
sein, wenn es sich um Theorien handelt die den gesuchten Schlachtort
östlich der Lippequellen einordnen, dass Germanicus mit seinem Heer
durch das Gebiet zieht, welches vordem schon von Caecinas Kohorten
verwüstet wurde. Überdies ist es gleichfalls unergründlich, dass
Germanicus, so er denn beispielsweise die Dörenschlucht in der Nähe von
Detmold aufsuchen wollte, mit seiner Flotte über 600 Kilometer, durch
Rhein, Nordsee und Ems zurücklegt, und dann noch einmal mehr als 100
Kilometer über Land zieht, wo er doch von Vetera aus (der Ausgangpunkt
dieses Feldzuges) dieses Gebiet auf relativ bekannten Wegen in wenigen
Tagesmärschen erreichen konnte. Auch scheint es sich, nach der Aussage von Tacitus, bei dem Gelände der Varusschlacht, um ein mit Wäldern
durchsetztes Sumpfgebiet zu handeln was gegen einen Schlachtort im
heutigen bergigen Teutoburger Wald spricht.
Aber
geht man davon aus, dass sich die römischen Heeresteile nach den
Kampfhandlungen gegen die Brukterer, denn von keinem anderen
Germanenstamm der bekämpft wurde war bisher die Rede, von der Gegend um
Rheine operiert hätten, und von dort aus das Schlachtfeld der
Varuslegionen aufsuchen wollten, gibt es nur zwei Alternativen in welche
Richtung sich Germanicus bewegte. Für die Möglichkeit, dass Germanicus
jenseits der Ems in östlicher Richtung nach Kalkriese zum Schlachtfeld
des Varus ziehen wollte, gibt es hier, nach Tacitus Beschreibungen,
einige Ungereimtheiten. Auch für diesen Fall schreibt Tacitus nichts
über eine aufwendige Flussüberquerung, wie er es doch sonst bei anderen
Gelegenheiten mehrmals machte. Caecina wurde von Germanicus
vorausgeschickt um die entlegenen Waldgebiete zu durchforschen, und über
den tückischen Moorboden Brücken und Dämme zu bauen. Der Weg von der Ems
nach Kalkriese zur Niewedder Senke war sicherlich schon in dieser Zeit
den Römern bekannt, galt doch diese Trasse wahrscheinlich als der einzig
mit schweren Wagen passierbare Verkehrs- und Handelsweg durch den
Osning, wenn man ihn auf nördlicher Route durchqueren wollte. So kann
diese Gegend aus römischer Sicht nicht als entlegen bezeichnet werden
denn in diesem Territorium kannten sich auch die Römer bestens aus. So
bleibt als sinnvolle Alternative nur ein Vordringen der Römer in
nördlicher von ihrer Position gelegene Gebiete.
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Tacitus schreibt weiter:
„Das erste Lager des Varus wies an seinem weiten Umfang und der
Absteckung des Hauptplatzes auf die Arbeit von drei Legionen hin.
Dann erkannte man an dem halb eingestürzten Wall und dem niedrigen
Graben, dass die schon zusammengeschmolzenen Reste sich dort
gelagert hatten. Mitten im freien Feld lagen die Gebeine zerstreut
oder in Haufen, je nachdem die Leute geflohen waren oder Widerstand
geleistet hatten.“ Hier findet sich die nächste Unvereinbarkeit
mit der Kalkriesetheorie. Denn sollte Germanicus von der Ems kommend
die Niewedder Senke erreicht haben, dann hätte er dieser These
folgend, zuerst den letzten Kampfplatz der Varuslegionen erreichen
müssen, und später das erste Lager. Aber durch Tacitus erfahren wir,
dass Germanicus, im Gegenteil, das Kampfgeschehen chronologisch, auf
dem gleichen Weg wie die Varuslegionen, erfassen konnte. So
erreichte der römische Feldherr zuvor das deutlich als
Dreilegionenlager erkennbare erste Marschlager des Varus, und dann
erst sah er die verstreut liegenden Gebeine der vernichteten
Legionen.
Nachdem
Germanicus die Gebeine der Varuslegionen zu einem Grabtumulus
aufschichten ließ, und ihnen die letzte Ehre erwies, berichtet uns
Tacitus vom ersten Aufeinandertreffen zwischen Arminius und Germanicus,
denn er schreibt: „Aber Germanicus folgte dem Arminius, der sich in
unwegsame Gegenden zurückzog...“. Demnach muss nicht nur das Gebiet
in dem sich die Varusschlacht ereignete, sondern auch das Gebiet in dem
sich Arminius zurückgezogen hat eine Geländestruktur gehabt haben,
welches vor allem durch Sümpfe und Wälder geprägt war. Denn
während des Kampfes, dem sich Arminius nun stellt, ist bei den
Geländebeschreibungen des Tacitus nur von Waldgebiet und Sumpfgelände
die Rede. Zum Ausgang dieser Auseinandersetzung schreibt Tacitus:“
Doch ohne dass es zu einer Entscheidung kam, trennte man sich.“ Und
weiter:“ Dann führte er das Heer an die Amisa zurück und brachte die
Legionen zu Schiff wie er sie hergeführt hatte, wieder zurück. Einem
Teil der Reiterei befahl er, entlang der Küste zum Rhein zu marschieren.
Caecina, der eine eigene Heeresabteilung führte, erhielt die Weisung,
obgleich die Wege, auf denen er den Rückmarsch antreten wollte, bekannt
waren, so rasch wie möglich die Pontes Longi (Langen Brücken)
hinter sich zu bringen, dies ist ein schmaler Fußpfad durch ausgedehntes
Sumpfgelände, der einst von L. Domitius als Damm aufgeführt worden war.
Das übrige Gelände ist morastig, man bleibt dort im schweren Lehmboden
hängen, oder Bachläufe machen es nur schwer begehbar.“
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Der Germanicusfeldzug des Jahres 15 nach Tacitus Teil 2
Grün = Weg des Germanicus vom Ort der Varusschlacht zur Ems
Rot = Flottenbewegung der Germanicuslegionen nach dem
Aufsuchen des Schlachtfeldes
Blau = Weg des Pedo zurück zum Rhein
Gelb = Weg des Caecina
Lila = Weg des P.Vitellius zur Weser
X
= Mutmaßlicher Ort der Pontes
Longi/Lange Brücken
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Nach
dieser Aussage begab sich Germanicus zu seiner Ausgangsposition an der
Ems zurück und begann mit dem Abzug seines Heeres aus dem Inneren
Germaniens. Caecina bekam den Auftrag mit seiner Heeresabteilung über
einen schon etwa 15 Jahre vorher angelegten Knüppeldamm, den „Pontes
Longi“, der durch ein ausgedehntes Sumpfgebiet führte, zum Rhein zu
marschieren. Durch diese Ortsangabe wird den Befürwortern einer Schlacht
an den Pontes Longi bei Kalkriese klar widersprochen und eine Grundlage
ihrer Theorie entzogen. Denn da Caecina, nach der Beschreibung des
Tacitus, von der Ems aus in westliche Richtung gezogen sein muss, wird
dieser Damm irgendwo zwischen dem Gebiet der Ems und des Rheins zu
lokalisieren sein. Da diese Langen Brücken sicherlich nicht nur als
Vormarschweg für die Legionen, sondern auch als Handelsweg über die Ems
hinaus bis zur Weser angelegt wurde, liegt es nahe, den Ausgangpunkt
dieser Wegetrasse bei Haltern zu suchen. Denn hier sollte sich nach
Auskunft der Archäologie ein römisches Handelszentrum auf
rechtsrheinischem Gebiet entwickeln. Und würde man eine etwa gerade
Streckenführung bis zu einem vermuteten Emsübergang in der Gegend um
Rheine annehmen, dann könnten diese Langen Brücken seinerzeit das Gebiet
zwischen Steinfurt und Laer überbrückt haben, denn die
Ortsbeschreibungen die Tacitus zu der sich zugetragenen Schlacht an den
Pontes Longi angegeben hat, decken sich auffallend mit den
Topographischen Verhältnissen in dieser Bodensenke, die heute von der
Steinfurter Aa durchflossen wird.
Währenddessen Caecina einen schweren Abwehrkampf gegen das Heer des
Arminius führte, fuhr Germanicus mit seiner Flotte auf der Ems zurück
zur Nordsee. Ein Teil der Reiterei begleitete ihn parallel der Ems auf
dem Landweg, damit diese gegebenenfalls germanische Attacken auf die
abziehende Flotte abwehren konnten. Arminius befand sich mit seinem
Heer, nach der Einschätzung von Germanicus, noch in der Nähe, und hätte
seine Flussfahrt gefährden können. Denn andernfalls wäre es sinnvoller
für das Reiterheer gewesen, Caecina auf seinem Rückmarsch zum Rhein zu
begleiten, anstatt diesen großen Umweg an der Nordseeküste entlang zu
machen. Im Mündungsgebiet der Ems trennte sich Germanicus von der
Reiterei und veranlasste sie zu Rückkehr zu den Rheinlagern. Er selbst
wollte von dort mit seinen verbliebenen vier Legionen weiter bis zur
Weser vordringen. Warum diese Aussage bei Tacitus immer wieder in Frage
gestellt wird, ist kaum zu verstehen, da es doch nachvollziehbar ist,
dass sich Germanicus ein genaues Bild über die geographischen
Verhältnisse bis zur Weser machen wollte, zumal er für das darauf
folgende Jahr einen erneuten Feldzug gegen die Germanen plante. Laut
Tacitus befahl Germanicus dem P.Vitellius mit der zweiten und
vierzehnten Legion auf dem Landweg die Weser zu erreichen, damit seine
Schiffe durch die eingesparte Fracht nicht so tief im Wasser liegen.
Denn hier im Wattenmeer bestand die Gefahr, dass seine Schiffe infolge
der wechselnden Gezeiten im flachen Meer auflaufen würden. Diese
Gezeiten brachten jedoch die Landwärts marschierenden Legionen in große
Bedrängnis, da Überschwemmungen den Marsch gefährdeten, und sie nur
unter verlustreichen Mühen die Weser erreichen konnten. Dort trafen die
Vitelliuslegionen mit der Flotte des Germanicus zusammen und wurden
wieder in die Schiffe aufgenommen. Daraufhin brach Germanicus seine
Expedition ab und kehrte mit seinem Schiffsverband zu den
Winterquartieren am Rhein zurück.
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Der Feldzug im Jahr
16 nach Christus
Die
Beschreibungen des Tacitus über den Germanienfeldzug des Jahres 16,
liefern uns ein noch klareres und eindeutigeres Bild wo die gesuchten
Örtlichkeiten aufzuspüren sind, und sie bestätigen die
Rekonstruktionsversuche der Abläufe für das vorhergehende Jahr.
Zuerst
gibt uns Tacitus in seinem zweiten Buch seiner Annalen einen
Zustandsbericht über die bisherigen Schlachtorte und den Schwierigkeiten
der Römer mit der germanischen Topographie. (Tac.Ann.II/5) :“
Die Germanen werden in
der offenen Feldschlacht und auf normalem Gelände besiegt, aber es
kommen ihnen zustatten Wälder und Sümpfe, ein kurzer Sommer und ein
frühzeitiger Winter. Seine eigenen Mannschaften leiden nicht so sehr
durch Verwundungen als durch weite Märsche und die Einbuße von Waffen...
Die lange Trosskolonne verlocke zu Überfällen und könne nur schwer
verteidigt werden. Wenn er jedoch auf das Meer gehe, habe er auf diesem
Gebiet freie Bahn, während sich die Feinde dort nicht auskennen.
Zugleich könne man den Krieg früher beginnen und die Legionen
gleichzeitig mit dem Nachschub befördern. Ungeschwächt werde die
Reiterei mit ihren Pferden nach dem Transport von den Flussmündungen aus
auf dem Wasserweg mitten nach Germanien gelangen.“ Auch in diesem
Abschnitt findet sich keine Erwähnung über bergiges Gelände in dem
Germanicus bisher operierte, was auf die Höhen des Osnings hindeuten
würde.
„Indessen erhielten Silius, Anteius und Caecina den Auftrag, eine Flotte
zu bauen. Tausend schleunigst gebaute Schiffe schienen ausreichend zu
sein... Mit leicht zu handhabenden Segelwerk und mit schnellbeweglichen
Rudern ausgerüstet, wuchsen sie dank dem freudigen Einsatz der Soldaten
heran und boten einen furchterregenden Anblick.“ Die Taktik von Germanicus bei diesem Feldzug zielte
darauf ab, sein gesamtes Heer zügig mit dem Schiff zur Ems zu befördern,
um dann ausgeruht und überraschend gegen die Cherusker und den mit ihren
verbündeten Truppen ziehen zu können. Aus diesem Grund ließ er auf der
Insel der Bataver, das Gebiet zwischen Rhein und Waal, 1000 Schiffe
bauen deren besondere Bauart auch auf die speziellen Voraussetzungen im
seichten Ijssel- und Nordseegebiet zugeschnitten waren.
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Der Germanicusfeldzug des Jahres 16 nach Tacitus
Rot = Mutmaßlicher Weg Germanicuslegionen
1 X= Mutmaßlicher Ort der Schlacht
bei Idistaviso
2 X= Mutmaßlicher Ort der Schlacht
am Angrivarierwall (Kalkriese)
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Hier
gibt uns Tacitus Auskunft über das Aufmarschgebiet des Römischen Heeres
und das Flussverlaufssystem des unteren Rheines:„Die Insel der
Bataver (Die Halbinsel zwischen Lek und Waal)
war als Sammelpunkt bestimmt wegen ihrer guten Landemöglichkeiten und
weil sie sich zur Aufnahme von Vorräten und zur Verlegung des
Kriegschauplatzes eignete. Denn der Rhein, der bis dorthin in einem
einheitlichen Strombett fließt oder sich um kleine Inseln sich
herumwindet, teilt sich bei seinem Eintritt in das Bataverland gleichsam
in zwei Flüsse, aber behält auf der Germanischen Seite seinen Namen wie
auch seine Strömung bei, bis er sich mit dem Ozean vereinigt. An dem
gallischen Ufer fließt er breiter und ruhiger (mit geänderten Namen
nennen ihn die Bewohner Vahlis), dann vertauscht er auch diesen Namen
mit dem Flusse Mosa, und mit ihm zusammen mündet er in gewaltiger Breite
in den Ozean.“
Und nun
gibt uns Tacitus wieder einen eindeutigen Hinweis über die Lage der
gesuchten Örtlichkeiten:“ Aber während die
Schiffe herangeführt wurden, befahl Germanicus dem Legaten Silius, mit
einer leicht beweglichen Truppe in das Land der Chatten einzufallen. Er
selbst führte auf die Nachricht, das an dem Flusse Lupia angelegte
Kastell werde belagert, sechs Legionen dorthin. Doch konnte Silius wegen
plötzlicher Regenfälle nichts weiter ausrichten. Er konnte nur
unbedeutende Beute und die Gattin des Chattenfürstes Arpus mit ihrer
Tochter entführen. Und auch dem Caesar gaben die Belagerer keine
Gelegenheit zu einem Kampfe. Sie verschwanden bei der Kunde von seinem
Erscheinen. Jedoch hatten sie den erst kürzlich für die Legionen des
Varus errichteten Grabhügel und einen früher für Drusus gebauten Altar
zerstört. Diesen stellte der Princeps wieder her und veranstaltete
selbst an der Spitze der Legionen einen Vorbeimarsch. Den Hügel zu
erneuern hielt er nicht für angebracht. Das ganze Gebiet zwischen dem
Kastell Aliso und dem Rhein wurde mit neuen Grenzwegen und Dämmen
befestigt.“ Durch seine Erwähnung darüber, das
die Schiffe mit denen Germanicus ins Innere Germaniens vorstoßen wollte,
schon herangeführt wurden, gibt uns Tacitus zu verstehen, dass dieses
Unternehmen unmittelbar bevorstand und es sich bei diesen beiden
römischen Angriffen des Germanicus und des Silius nur um räumlich und
zeitlich begrenzte Aktionen handeln konnte.
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Während
also Silius in das Gebiet der Chatten einfiel, wohl vom Taunus
ausgehend, um den Gegner vom tatsächlichen Einsatzziel abzulenken, und
den eigentlich vorgesehenen Einsatzort der römischen Truppen an der
oberen Ems zu entlasten, führte Germanicus selbst auf die Nachricht, das
dass an der Lippe angelegte Lager Aliso von Germanen belagert wurde, sechs
Legionen dorthin. Es ist umstritten, ob Tacitus in diesem Abschnitt von
einem oder zwei Lagern ausgeht, die zu dieser Zeit auf der rechten
Rheinseite belegt waren, aber hier scheint durch die zusammenhängende
Nennung nur ein einziger Römerstandort an der Lippe gemeint zu sein.
Schon aus logischen Gesichtspunkten ist es unwahrscheinlich, dass sich
zu diesem Zeitpunkt ein einzelnes Römerlager weit im Landesinneren an
der Lippe isoliert bestand haben konnte, so das man annehmen kann, dass
sich allein aus dieser Aussage von Tacitus ableiten lässt, dass dieses
Lippelager in der Nähe des Rheines liegen musste.
Aber die
Belagerer gaben den Caesar keine Gelegenheit zum Kampf sondern sie zogen
sich ohne zum Kampf zu stellen zurück. Doch bei ihrem Rückzug zerstörten
sie den Grabtumulus der Varuslegionen und einen Altar der schon früher
zu Ehren des Drusus errichtet wurde. Man muss durch die gleichzeitige
Erwähnung vom Drususaltar und des Grabtumulus durch Tacitus hier von der
Wahrscheinlichkeit ausgehen, dass diese beiden Orte in einer engen
räumlichen Beziehung zueinander stehen müssen. Dabei ist zu Fragen,
warum der Drususaltar nicht schon unmittelbar nach der Varusschlacht von
den Germanen zerstört wurde. Als einzige Antwort scheint die Möglichkeit
gegeben zu sein, dass sich dieser Altar in der Nähe des römischen
Einflussgebietes befunden haben muss, also in der Nähe des Rheines, und
nicht tief im Inneren Germaniens, wo er mit Sicherheit nach dem
Germanenaufstand vernichtet worden wäre. Also kann sich nach der
Interpretation auch dieser Textstelle das Gebiet der Varusschlacht nicht
allzu Tief im Landesinneren befunden haben.
Im
Übrigen ist bei dieser germanischen Belagerung der Versuch von Arminius
zu erkennen, die Römer erneut in das Gebiet der Varusschlacht zu locken,
um sich dort den Römern zu stellen. Denn nachdem schon der erste
Belagerungsversuch von Aliso, nach der Clades Variana, durch die
Germanen gescheitert war, ist es äußerst unwahrscheinlich, dass sich
Arminius erneut an dieses aussichtslos scheinende Unternehmen
heranwagte, zumal Germanicus mit einem starken Heer am Rhein wachte.
Arminius lieferte mit der Belagerung von Aliso einen Vorwand damit
Germanicus eine Streitmacht zum diesem Lager entsendete, und lieferte
mit der Zerstörung des Drususaltars und des Grabtumulus einen Grund zum
Nachsetzen für den römischen Feldherrn. Der Grabhügel wurde von
Germanicus nicht wieder hergestellt, wohl weil dieser den Plan des
Arminius durchschaute, das Römerheer erneut in das Gelände der
Niederlage des Varus zu locken. Aber den Drususaltar ließ der römische
Feldherr erneuern und veranstaltete selbst an der Spitze der Legionen
einen Vorbeimarsch.
Tacitus
schrieb weiter: “Schon war die Flotte angekommen. Der Caesar hatte
die Verpflegung vorausgesandt, die Legionen und die Bundesgenossen auf
die Schiffe verteilt und war in den nach Drusus benannten Kanal
eingelaufen, wobei er zu seinem Vater betete, er möge ihm, da er jetzt
das gleiche Wagnis auf sich nehme, huldreich und gnädig mit seinem
Vorbild und dem Gedenken an seine Maßnahmen und Bauten zur Seite
stehen.“ Da die Nordsee ein für die Römer schwer unberechenbar zu
beschiffendes Gewässer war, wollte Germanicus bei diesem Feldzug durch
den Drususkanal und durch das Vlevomeer, dem heutigen Ijsselmeer, zur
Ems vordringen. Die Fahrt durch den Drususkanal hatte den Vorteil der erheblich
kürzeren Wegstrecke bis zur Ems, der Vermeidung der Gezeitenunterschiede
an der Nordsee und den Schutz vor stürmischem und unbeständigem Wetter.
Da Germanicus, nach der Interpretation dieser Textstelle des Tacitus,
hier augenscheinlich das erste Mal durch den Drususkanal fährt, ist hier
zu fragen warum die Römer nicht schon im Jahr vorher, aus den
angeführten Gründen, den Drususkanal für ihre Fahrt zur Ems nutzten.
Tacitus spricht in diesem Zusammenhang von einem großen Wagnis welches
Germanicus auf sich nimmt. So konnte dieses Risiko nur darin bestehen,
dass Germanicus befürchtete bei der Durchschiffung des Drususkanals und
der Ijssel in einen Hinterhalt der Germanen zu gelangen. Der römische
Feldherr musste bei der Durchquerung des niederländischen Sumpfgebietes
und des Wattenmeeres jederzeit mit einem Angriff der Germanen rechnen,
und deshalb wurden seine Schiffe so konstruiert, dass sie diese Attacken
sofort abwehren und erwidern konnten. Denn dazu schrieb Tacitus an
anderer Stelle:“. Ein Teil (der Flotte)
war kurz mit schmalen Vorder- und Hinterdeck und weitem Bauch, um
leichter der Flut standzuhalten. Manche hatten platte Kiele. Um ohne
Beschädigung auf Grund laufen zu können; ein größere Anzahl war mit
Steuerrudern vorne und hinten ausgerüstet, um die Ruder plötzlich zu
wenden und mit der einen oder anderen Seite landen zu können. Viele
hatten Brückenüberbauten, auf denen man Geschütze bewegen konnte. Sie
waren zugleich für den Transport von Pferden und Kriegsbedarf geeignet.“
Auch dieser Umstand kann auf ein mutmaßliches Aufstandgebiet der
Germanen hinweisen, denn an der Nordseeküste siedelten die befreundeten
Friesen und Chauken, vor denen sich Germanicus nicht fürchten musste.
„Von
hier aus fuhr er durch die Seen und den Ozean bis zur Amisa
(Ems) in günstiger Fahrt.“
In diesem Teil der Tacitusberichte befinden
sich große Unstimmigkeiten mit den derzeit allgemein favorisierten
Varusschlachttheorien, die das Gebiet um Detmold und den Lippequellen,
als den bedeutenden Kampfplatz lokalisieren wollen. Sollte demnach
Germanicus den Germanen, nach deren Belagerung des Lippekastells, bis
zum Grabhügel und zum Drususaltar oberhalb der Lippequellen gefolgt
sein, so wäre es absolut widersinnig, dass er dann von dort aus mit
seiner Flotte über mehr als 600 Kilometer zur Ems fährt, wo er doch von
seinem derzeitigen Aufenthaltsort dieses Emsgebiet mit weit weniger
Aufwand an Material und Zeit auf dem Landweg in wenigen Tagen erreichen
konnte. Zumal er dann Gebiete durchqueren konnte in denen Caecina im
Jahr vorher die Brukterer vernichtete, und er so auf diesem bestens
bekannten Weg keinen großen Widerstand befürchten musste. Und da die
Flotte, nach der Interpretation des Tacitustextes, zu dem Heer
herangeführt wurde ist es sehr unwahrscheinlich, dass eine Flotte von
tausend Schiffen am Oberlauf der Lippe gleichzeitig manövrieren konnte
um das gewaltige römische Heer aufzunehmen.
Ähnliche
Widersprüche gelten in verstärktem Maße für die Kalkriese =
Varusschlachttheorie. Denn hier ist es noch unwahrscheinlicher, dass
Germanicus zuerst Aliso an der Lippe von der Belagerung befreit, und
dann im Gebiet jenseits der Ems feststellt, dass der Grabhügel der
Varuslegionen und der Drususaltar von den Germanen des Arminius zerstört
wurde, er dann den Drususaltar erneuert, zum Rhein zurückmarschiert, um
dann mit seiner Flotte wieder zur Ems zurückzukehren.
Über das
Vordringen des römischen Heeres jenseits der Ems schrieb Tacitus:
„Die Flotte blieb auf dem linken Flussbett der Amisa
zurück. Dabei beging er den Fehler, dass er sie nicht Flussaufwärts
fahren ließ. Er brachte die Truppe über den Fluss hinüber, da sie in die
rechts gelegen Gebiete marschieren sollte. So wurden mehrere Tage auf
den Bau von Brücken verwendet. Die Reiterei und die Legionen zogen zwar
unerschrocken durch die ersten Niederungen, solange die Flut noch nicht
stieg, jedoch die Nachhut, die aus Hilfstruppen bestand, einschließlich
der dazugehörigen Bataver, kam, als sie in das Wasser sprangen und ihre
Schwimmkunst zeigten, in Unordnung, wobei auch einige ertranken.“
Laut Tacitus gab es damals zwei Flussarme der Ems die
in die Nordsee mündeten und Germanicus entschied seine Flotte in dem
linken Flussbett anzulanden. Er machte den Fehler nicht weiter
flussaufwärts gefahren zu sein. Dieser Fehler lag wohl darin, weil an
seinem gewählten Anlegeplatz die Macht der Gezeiten noch so stark war,
dass sie bei der anschließenden Flussüberquerung die römischen Truppen
behinderte. Durch die Tatsache das Tacitus besonders erwähnt, dass
Germanicus in die Gebiete rechts der Ems ziehen wollte und mehrere Tage
für den Bau von Brücken über diesen Fluss verwendete, muss man von der
Gegebenheit ausgehen, dass es sich hierbei um die erste Emsüberquerung
des römischen Befehlshabers in östlich dieses Flusses gelegene Gebiete
handelte.
Und
weiter:„Während der Cäsar ein Lager abstecken ließ, wurde in seinem
Rücken der Aufstand der Angrivarier gemeldet: er schickte Stertinius mit
Reiterei und einer leichtbewaffneten Truppe sofort dahin und bestrafte
mit Feuer und Schwert die Treulosigkeit.“ Da sich Germanicus auf dem
Weg von der Ems zur Weser befand, müsste sich demzufolge, da sich der
Angrivarieraufstand in seinem Rücken zutrug, das Siedlungsgebiet der
Angrivarier an der rechten Emsseite befunden haben. Gleichzeitig sagt
uns dieser Abschnitt, da Stertinius eine Treulosigkeit bestrafte, dass
es vorher ein Bündnis mit den Angrivariern gegeben haben müsste.
An der
Weser kam es zu der verbalen Auseinandersetzung zwischen Arminius und
seinem Bruder Flavus, bei der Tacitus in seinen Annalen beiden
Kontrahenten die Gelegenheit gibt den jeweiligen Standpunkt und die
Motivation zu seinem jeweiligen Verhalten darzustellen.
Bevor es
zum ersten großen Aufeinandertreffen der beiden Kriegsparteien, auf dem
Feld Idistaviso, kommt, führt Germanicus folgendes in seiner Rede zu
seinem Heer an:“ Schon seien sie der Elbe näher als dem Rhein,
weithin sei kein Krieg mehr zu führen, wenn sie nur ihm, den Spuren
seines Vaters und Oheims folgend, in eben diesem Lande zum Siege
verhelfen.“ Diese Ortsbeschreibung, dass sie der Elbe nun schon
näher sind als dem Rhein, ist unbedingt als eine verwertbare Ortsangabe
anzusehen. Denn sollten sich die römischen Legionen zu diesem Zeitpunkt
im Bereich zwischen Minden und Nienburg befunden haben, so waren die
Legionen auf etwa 150 Kilometer Luftlinie an die Elbe herangerückt, der
Rhein hingegen ist schon fast zweihundert Kilometer auf direkter Strecke
entfernt. Da Germanicus die Tatsache besonders betont, dass sie schon so
weit ins Innere Germaniens vorgedrungen sind, muss man davon ausgehen
dass es sich hierbei um eine außergewöhnliche Situation handeln musste.
Er hätte dieses nicht als so bemerkenswert angesehen, wenn er sich schon
im Jahr vorher nur etwa 2-3 Tagesmärsche entfernt, bei Kalkriese,
aufgehalten hätte.
Nach dem
Aufeinandertreffen der beiden Streitmächte auf dem Schlachtfeld
Idistaviso an der Weser, aus dem das Heer des Germanicus offensichtlich
als eindeutiger Sieger hervorgegangen ist, machten sich die Römer auf
den Rückweg zur Ems und wählen vermutlich eine Route am nördlichen Rand
des Wiehengebirges. Auf dieser Trasse durch die Niewedder Senke befand
sich ein alter Verkehrsweg der den Römern bekannt war und den sie für
ihr Heer als passierbar erachteten.Die Germanen die sich, nach der Aussage
des Tacitus, aufgestachelt durch die Verhöhnung der Römer, nicht mit
ihrer Niederlage abfinden wollten, stellten sich noch einmal mit allen
Kräften, am so genannten
Angrivarierwall, der nach dieser Rekonstruktion
bei Kalkriese lag, der römischen Übermacht entgegen. Auch hier kam es
damals, nach der uns zur Verfügung stehenden Quellenlage, zu keiner
abschließenden Entscheidung zwischen den verfeindeten Parteien, so dass
Germanicus beschloss diesen Feldzug wegen der fortgeschrittenen
Jahreszeit abzubrechen und in die Winterlager zurückzukehren. Aber auch
diese Rückkehr gestaltete sich nicht ohne Schwierigkeiten, denn auf der
Nordsee gerät die Flotte des Germanicus in eine große Seenot und kann
sich nur unter schweren Verlusten mit den Resten seiner Legionen bis zu
den Winterlagern am Rhein retten.
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