Der Drususaltar

Dem hochangesehenen römischen Feldherrn Drusus, der im Jahr 9 vor Christus bei einem Feldzug gegen die Germanen einem Unfall erlag, errichteten die Römer einen Altar oder Denkmal, um an die Verdienste seiner Person zu erinnern. Wo sich diese Kultstätte einstmals befand, darüber konnte bisher nur spekuliert werden. Viele Wissenschaftler lokalisieren dieses Denkmal mit dem Eigelstein (Drususstein) in Mainz, von wo aus Drusus seinen letzten Feldzug gegen die Germanen begann. Ob diese Ansicht noch weiterhin derart bestätigt werden kann ist äußerst fraglich, denn die historischen Quellen die sich auf diesen Drususaltar beziehen, lassen sich nicht in ihrer Gemeinsamkeit mit diesem Ort am Mittelrhein vereinbaren.

Vier antike Geschichtsschreiber erwähnen in ihren Aufzeichnungen diese Gedenkstätte die an das Wirken des römischen Feldherrn erinnern sollte. Zum einen ist es die Erwähnung durch Sueton (Claudius 2-4): “Davon einmal abgesehen, hat das Heer ihm (Drusus) einen Kenotaph errichtet; seitdem marschieren jedes Jahr an einem festgelegten Termin die Soldaten an diesem vorüber, und die Stämme der Gallier bringen in seiner Nähe ein öffentliches Dankopfer dar“. Weiterhin gibt uns Florus einen Hinweis auf diese Kultstätte: (Epitome 23): "Drusus wurde in diese Provinz abgesandt und unterwarf als erster die Usipeter, danach durchzog er das Gebiet der Tenkterer und der Chatten. Mit Beutestücken und Feldzeichen der Markomannen schmückte er einen hohen Hügel wie ein Siegesdenkmal." Auch Cassius Dio beschrieb den Drususaltar am Rhein, was auch für eine Örtlichkeit bei Mainz gelten könnte: Cassius Dio (55, 2) "Der Leichnam (des Drusus) wurde durch Ritter zum Marsfeld gebracht, solchen die zum Ritterstand gehörten und solchen aus senatorischer Familie. Dann wurde er den Flammen übergeben und die Asche im Grab des Augustus niedergelegt. Drusus erhielt gemeinsam mit seinen Söhnen den Titel des Germanicus und es wurden ihm weitere Ehren zuteil: Statuen, ein Triumphbogen und ein Kenotaph am Ufer des Rheins"

Google Ansicht Berg Elten:

 
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Aber erst durch die Hinzuziehung von Tacitus als Quelle wird deutlich, dass sich diese Kultstätte in einem engen räumlichen Zusammenhang mit dem Ort der Varusschlacht befunden haben muss: (Tac. Ann II 6/7/8) "Die Insel der Bataver war als Sammelpunkt bestimmt wegen ihrer guten Landemöglichkeiten und weil sie sich zur Aufnahme von Vorräten und zur Verlegung des Kriegschauplatzes eignete. Denn der Rhein, der bis dorthin in einem einheitlichen Strombett fließt oder sich um kleine Inseln sich herumwindet, teilt sich bei seinem Eintritt in das Bataverland gleichsam in zwei Flüsse, aber behält auf der germanischen Seite seinen Namen wie auch seine Strömung bei, bis er sich mit dem Ozean vereinigt. An dem gallischen Ufer fließt er breiter und ruhiger (mit geänderten Namen nennen ihn die Bewohner Vahlis), dann vertauscht er auch diesen Namen mit dem Flusse Mosa, und mit ihm zusammen mündet er in gewaltiger Breite in den Ozean. Aber während die Schiffe herangeführt wurden, befahl Germanicus dem Legaten Silius, mit einer leicht beweglichen Truppe in das Land der Chatten einzufallen. Er selbst führte auf die Nachricht, das an dem Flusse Lupia angelegte Kastell werde belagert, sechs Legionen dorthin. Doch konnte Silius wegen plötzlicher Regenfälle nichts weiter ausrichten. Er konnte nur unbedeutende Beute und die Gattin des Chattenfürstes Arpus mit ihrer Tochter entführen. Und auch dem Caesar gaben die Belagerer keine Gelegenheit zu einem Kampfe. Sie verschwanden bei der Kunde von seinem Erscheinen. Jedoch hatten sie den erst kürzlich für die Legionen des Varus errichteten Grabhügel und einen früher für Drusus gebauten Altar zerstört. Diesen stellte der Princeps wieder her und veranstaltete selbst an der Spitze der Legionen einen Vorbeimarsch. Den Hügel zu erneuern hielt er nicht für angebracht. Das ganze Gebiet zwischen dem Kastell Aliso und dem Rhein wurde mit neuen Grenzwegen und Dämmen befestigt. Schon war die Flotte angekommen..."

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Elten Berg Luftbild

Der Eltener Berg in der Luftansicht/Im Hintergrund der heutige Rheinverlauf

Demnach kann dieser Altar nicht mit einem Ort bei Mainz im Zusammenhang stehen. Auch jeder andere Ort innerhalb des germanischen Territoriums scheidet nach dieser Quellenlage aus, denn unmittelbar nach der Varusschlacht zerstörten die Germanen, abgesehen vom Lager Aliso und dem Drususaltar, alle römischen römische Plätze auf der rechten Rheinseite. Und gerade ein Altar, der einem römischen Eroberer gewidmet war, wäre der germanischen Zerstörungswut zum Opfer gefallen, wenn er im inneren Germaniens errichtet worden wäre. Ein derartiges römisches Heiligtum konnte nur die Varusschlacht überdauern, wenn sein Standort noch im Bereich des römischen Einflussgebietes gelegen hat. Diese Nähe zum römischen Einzugsgebiet gewährleistete der Eltener Berg in absoluter Rheinnähe und zum Lager Nijmegen.

Der Eltener Berg erhebt sich unmittelbar am Ufer der rechten Rheinseite, nur wenige Kilometer bevor sich der Rhein in die Wal, den niederländischen Rhein und die Ijssel dreiteilt. Er steht als höchste solitäre Erhebung in der weiten, recht ebenen, niederrheinischen Niedertrasse. Durch die letzte Eiszeit als Stauchendmoräne aufgeschoben war er mit seinen 82 Metern Höhe, in einem Umland dessen mittlerer Höhenwert lediglich etwa bei maximal 20 Meter über NN liegt, sicherlich schon in frühgeschichtlicher Zeit eine bemerkenswerte Landmarkierung für den Betrachter. Das galt sicherlich auch im besonderen Maße für die Römer als sie an den Niederrhein gelangten. Von der linken Rheinseite aus betrachtet ragt er aus einem flachen Horizont als eine herausragende geologische Formation hervor. Hier war allein schon aus der landschaftlichen Gegebenheit heraus für die Römer ein Ort, wo sich hervorragend ein weithin sichtbares Denkmal oder eine Kultstätte errichten ließ, der den Gebietsanspruch über die jenseits des Rheins liegenden Gebiete weithin sichtbar und vor allen Augen manifestieren würde.

Eltener Berg 1

Würde man an Stelle der St.Vituskapelle ein Siegesdenkmal römischer Bauart einsetzen, so ließe sich seine beeindruckende Wirkung auf diesem Bild erahnen.

Zudem ist es gerade nach dieser Quellenlage durchaus wahrscheinlich, dass sich hier auf dem Eltener Berg der Altar des Drusus befunden hat, denn für diesen Ort sprechen sich alle antiken Schreiber gleichermaßen aus, und ausgerechnet hier war Drusus während seines Aufenthaltes in Germanien äußerst präsent. So hat Drusus vom nur etwa 20 Kilometer entfernten Nimwegen aus, seinen ersten Feldzug gegen die Stämme der Usipeter, Tenkterer und Sugambrer begonnen, und dabei sicherlich auch den Berg Elten strategisch einbezogen. Hinzu kommt zusätzlich noch die Tatsache, dass Drusus seinerzeit unweit nördlich des Eltener Berges den Drususkanal erbaute, der anschließend den Rhein mit der Ijssel verband und zum Ijsselmeer führte. Weiterhin befindet sich diese Erhebung in unmittelbarer Nähe der Rheines die Cassius Dio einfordert, und befände sich in dem zusätzlich von Tacitus geforderten räumlichen Zusammenhang zum mutmaßlichen Lager Aliso bei Hamminkeln und dem vermuteten Varusschlachtfeld bei Varsseveld. Zudem würde diese Örtlichkeit die logische Erklärung liefern, wie die römische Heerleitung im Jahr 16 logistisch in der Lage war, 1000 Schiffe von der Bataverinsel zu den Legionen des Germanicus heranzuführen (Tac.Ann.II/8). Über diese dermaßen geringe Distanz zum Ufer am Fuße des Eltener Berges, und bei genügendem Raum auf dem Rhein, bereitete es sicherlich nicht allzu große Schwierigkeiten dieses Flottenmanöver zu bewältigen. Und als weiteres Indiz für diese Annahme für den einstmaligen Standort des gesuchten Kenotaphen auf diesem Berg zählt die Tatsache, dass Germanicus unmittelbar nach dem Vorbeimarsch am Drususaltar und der anschließenden Verladung seiner Legionen auf die Schiffe, in den Drususkanal einfuhr um so auf dem Wasserweg zur Ems zu gelangen.

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Elten Berg

Blick vom Eltener Berg in die Rheinniederung

Funde verschiedener römischer Artefakte, in den vergangenen Jahrhunderten im Bereich dieses Berges, verdeutlichen sein Wertmaß schon in römischer Zeit. Als eindruckvollstes Artefakt gilt der Grabstein des Marcus Mallius, der derzeit im Museum Her Valkshof in Nijmegen ausgestellt wird. Marcus Mallius diente in der 1.Legion Germania, die während der römischen Okkupationsbemühungen ständig am am Niederrhein stationiert war. So unterstand diese Legion schon Drusus als er in den Jahren 12-9 v.Chr die ersten Feldzüge gegen die Germanen führte. Weiterhin war die 1. Legion dem Asrprenas während der Varusschlacht und anschließend dem Germanicus während seiner Germanienfeldzüge unterstellt. Auch beim Bataveraufstand in den Jahren 69-70 nach Christus griff diese Legion in das Geschehen ein. Wann und zu welchem Anlass Marcus Mallius sein Leben verlor ist unklar, jedoch besagt das seine Grablegung bei dem Lager Carvium at Molem erfolgte, so dass er gestorben war als dieses Lager schon bestand. Die Gründung dieses Lagers wird frühestens erst in den Jahren nach den Germanicusfeldzügen erfolgt sein. Der genaue Standort dieses "Lagers am Damm" ist bis heute nicht sicher geklärt, jedoch wird eine rechtsrheinische Position bei Lobith am Fuß des Eltener Berges angenommen.

Allerdings wurde in den Jahren 1912/13 auf der flachen Bergkuppe unter Dr. h.c. Constantin Koenen eine systematische Ausgrabung durchgeführt, mit dem Ziel einen römischen Lagerstandort auf dem Berg Elten nachzuweisen. Dr. Koenen stellte nach seiner Aussage ein drususzeitiges viereckiges Erdkastell mit Wall und Spitzgraben fest, welches eine Seitenlänge von 133 Metern hatte. Weiterhin wurde beim Ausgraben einer alten Grundmauer ein Ziegelstück mit der Aufschrift GVIVIC (Legio sexta victris- sechste siegreiche Legion) gefunden (Janssen, Oudheidkundige Mededelingen III), sowie ein mit Kapitäl versehenes Säulenfragment aus Kalkstein, vermutlich römischen Ursprungs (Museum Leyden).  

Noch heute gibt es auf dem Eltener Berg den 57 Meter tiefen sogenannten Drususbrunnen, der nach derzeitiger wissenschaftlicher Erkenntnis wohl erst im 10.Jahrhundert, zur Zeit Otto des Großen, erbaut wurde. Aber seine Benennung nach dem einstmaligen römischen Feldherrn Drusus lässt erkennen, dass dessen Name noch viele Jahrhunderte später im Gedächtnis der heimischen Bevölkerung war. In Erinnerung an diese einstmals römische, dem Drusus geweihte, Kultstätte an diesem Ort könnte der Drususbrunnen seinen Namen bekommen haben.

Vorläufig abschließend zu diesem Kapitel muss man resümieren, dass auch diese Perspektive ein weiteres Mosaiksteinchen im Varusschlachträtsel bildet, welches unbedingt deckungsgleich zu einem Varusschlachtort im niederländischen Achterhoek und zum Lager Aliso bei Römerrast passt.

http://www.romanaqueducts.info/webteksten/romeineninnederland.html

http://www.livius.org/ga-gh/germania/carvium.html

Literatur:

Elten/Leo Gies/1951/Boss Verlag Kleve

 

Grabstein Marcus Mallius

Grabstein des Marcus Mallius / Gefunden am Fuße des Eltener Berges
Museum Het Valkshof / Nijmwegen

Sein Text lautet:

M (arcus) MALLIUS.M (arci) F (ilius) Galer (iatribu) GENUA (domo) MILE (s) LEG (ionis) I (Germaniae) C (enturiae) RUSONIS, ANNO (rum) XXXVSTIP (endiorum) XVI: CARVIO AD MOLEM SEPULTUS EST:EX TEST (amento) HEREDES DUO F (aciendum) C (uraverunt).

Marcus Mallius: der Sohn des Marcus, aus der Tribus Galeria, aus Genua, Soldat der 1. germanischen Legion in der Hundertschaft des Ruso, 35 Jahre alt, 16 Dienstjahre, begraben zu Carvium ad Molem. In Erfüllung des Testamentes ließen die beiden Erben (den Stein) errichten.

 

Indizien in den Ortsnamen

Die Kampftaktiken

Der Verlauf der Varusschlacht

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Drususaltar Elten

 

Der Drususbrunnen auf dem Eltener Berg 

 

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