Lucius Annaeus Florus

Epitome

21. Hätte er (Augustus) es doch nicht für so wichtig gehalten, auch Germanien zu besiegen! Die Schande des Verlustes war größer als der Ruhm des Gewinns.

22. Doch da er wusste, dass sein Vater Gaius Iulius Caesar zweimal mit einer Brücke den Rhein überschritten und den Krieg gesucht hatte, begehrte er heftig, es jenem zur Ehre zur Provinz zu machen, und es wäre auch geschehen, wenn die Barbaren unsere Laster ebenso wie unsere Befehle hätten ertragen können.

23. Drusus wurde in diese Provinz abgesandt und unterwarf als erster die Usipeter, danach durchzog er das Gebiet der Tenkterer und der Chatten. Mit Beutestücken und Feldzeichen der Markomannen schmückte er einen hohen Hügel wie ein Siegesdenkmal.

24. Dann griff er gleichzeitig die stärksten Stämme an, die Cherusker, Sueben und Sugambrer, die 20 Centurionen ans Kreuz geschlagen und, als hätten sie damit einander den Treueid geleistet, den Krieg begonnen hatten.

25. Die Cherusker hatten sich die Pferde, die Sueben das Gold und Silber, die Sugambrer die Gefangenen ausgewählt; doch alles kam gerade umgekehrt. Denn der Sieger Drusus teilte die Pferde, das Vieh, ihre Halsringe und sie selbst als Beute auf und verkaufte sie.

26. Außerdem verteilte er zur Sicherung der Provinz Besatzungen und Wachmannschaften überall entlang der Maas, der Elbe und der Weser. Am Rheinufer ließ er mehr als 50 Kastelle errichten. Borma und Gesoriacum verband er durch Brücken und sicherte sie mit einer Flotte.

27. Den bis dahin noch nie gesehenen und betretenen Hercynischen Wald machte er zugänglich. Schließlich herrschte in Germanien solcher Frieden, dass die Menschen verändert, das Land ein anderes, selbst das Klima milder und lieblicher als gewöhnlich schien.

Römer

28. Endlich, nachdem der tapfere junge Mann dort gestorben war, verlieh ihm der Senat selbst - nicht aus Schmeichelei, sondern wegen seiner Verdienste den Beinamen dieser Provinz, was sonst noch nie vorgekommen war.

29. Aber es ist schwieriger eine Provinz zu halten als sie zu schaffen. Sie werden gewonnen durch bewaffnete Gewalt, aber durch das Recht gehalten.

30. So war die Freude nur kurz. Denn die Germanen waren eher besiegt als gebändigt; und unter dem Feldherrn Drusus respektierten sie unsere Lebensart mehr als unsere Waffen. Nach seinem Tod begannen sie die Gier und den Hochmut nicht weniger als die Grausamkeit des Quintilius Varus zu verabscheuen.

31. Er wagte es, einen Landtag abzuhalten und erließ unvorsichtige Edikte, gerade so, als ob er der Gewalttätigkeit der Barbaren mit den Ruten des Lictors und der Stimme des Herolds aufhalten könne.

32. Jene aber, die schon lange wegen ihrer rostigen Schwerter und untätig herumstehenden Pferde murrten, als sie der Toga und der Gerichtsentscheidungen die grausamer als Waffen waren, gewahr wurden, griffen unter der Führung des Arminius zu den Waffen.

33. Inzwischen vertraute Varus so auf den Frieden, dass er nicht einmal zu erschüttern war als Segestes ihm als einziger der Fürsten die Verschwörung verriet.

34. So griffen sie den Ahnungslosen und nichts derartiges Befürchtenden überraschend an, als jener - welche Sorglosigkeit! - vor Gericht lud, und von allen Seiten brachen sie herein. Das Lager wurde ausgeraubt, drei Legionen überwältigt.

Über den Autor der „Epitome de Tito Livio“ ist weder das Geburtsjahr noch das Datum seines Todes bekannt. In der Provinz Afrika geboren, nahm Florus als Junge am Capitolinischen Dichterwettstreit des Domitian (81-96 n. Chr.) teil. Ehe er sich in Tarracona in Spanien niederließ und schriftstellerisch betätigte, scheint er einige Zeit umhergereist zu sein. Während des Prinzipats des Hadrian (117-138 n. Chr.) hielt er sich scheinbar in Rom auf.

In der Epitome, verfasst in der zweiten Hälfte des Prinzipat von Hadrian, skizziert Florus allerdings mehr rhetorisch als historisch präzise die römische Geschichte von der Gründung Roms bis zur Zeit des Kaisers Augustus. Hauptquelle und Vorbild für sein Werk, offensichtlich ein Lobgedicht auf das römische Volk, war der römische Geschichtsschreiber Livius (59 v. Chr.-17 n. Chr.).

35. Varus folgte dem allgemeinen Untergang mit dem gleichen Schicksal und im gleichen Geist wie Paulus an dem Tag von Cannae.

36. Nichts war grausamer als dieses Gemetzel in Sümpfen und Wäldern, nichts war unerträglicher als der Hohn der Barbaren, besonders aber gegen die Gerichtsherren.

37. Den einen stachen sie die Augen aus, anderen hieben sie die Hände ab; einem wurde der Mund zugenäht, zuvor aber die Zunge herausgeschnitten. Diese hielt einer der Barbaren in der Hand und rief. "Du Viper, endlich hast du aufgehört zu zischen.

38. Selbst der Leichnam des Konsuls, den die Soldaten aus Ehrfurcht begraben hatten, wurde wieder ausgegraben. Feldzeichen und zwei Legionsadler besitzen die Barbaren noch heute; bevor der dritte in die Hände der Feinde fallen konnte, riss ihn der Standartenträger ab, steckte ihn in die Öffnungen seines Wehrgehenks und verbarg sich so im blutigen Sumpf.

39. Diese Niederlage bewirkte, dass die Herrschaft, die an der Küste des Ozeans nicht halt gemacht hatte, am Rheinufer ihre Grenze fand.

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Lokalisierung der Varusschlacht durch Florus

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