54,33, 1-5
Mit Frühlingsanfang aber brach er wieder zum Kriege auf, überschritt den Rhein
und unterwarf die Usipeter, schlug eine Brücke über die Lippe und fiel in das
Land der Sugambrer ein, zog hindurch und rückte weiter in das Gebiet der
Cherusker bis zur Weser vor. Das war ihm möglich, weil die Sugambrer aus Zorn
darüber, dass die Chatten als einzige unter ihren Nachbarn sich nicht hatten mit
ihnen verbünden wollen, mit ihrem gesamten Heer gegen sie zu Felde gezogen
waren. Und gerade zu diesem günstigen Zeitpunkt war er unbemerkt durch ihr
Gebiet gezogen. Er hätte auch die Weser überschritten wenn er genügend
Lebensmittel gehabt hätte, und wenn nicht der Winter bevorgestanden hätte;
außerdem war in seinem Lager ein Bienenschwarm erschienen. Deswegen rückte er
nicht weiter vor. Auf dem Rückmarsch in befreundetes Gebiet geriet er in große
Gefahr, denn die Feinde fügten ihm aus dem Hinterhalt schweren Schaden zu; ja,
einmal hätten sie ihn, als sie ihn in einem engen Tal eingeschlossen hatten,
sogar beinahe vernichtet und seine Streitmacht aufgerieben, wenn sie sie nicht
unterschätzt hätten und im glauben, sie seien schon so gut wie gefangen und
würden den ersten Schlag erliegen, sich in ungeordneten Haufen auf sie gestürzt
hätten. So aber wurden sie geschlagen und hatten seitdem nie mehr den gleichen
Kampfesmut, sondern setzten ihnen nur noch aus der Ferne zu, wagten sich aber
nicht mehr in ihre Nähe, so dass Drusus, der sich nun seinerseits überlegen
fühlte, dort, wo die Lippe und der Elison sich vereinigen, ein Kastell gegen sie
errichtete sowie ein anderes im Gebiet der Chatten, unmittelbar am Rhein. Dafür
erhielt er die Triumphalinsignien, das Recht, zu Pferde in die Stadt
einzuziehen, außerdem nach Ablauf seiner Prätur die prokonsularische Gewalt. Den
Titel eines Imperators bekam er zwar, so wie schon früher Tiberius, von den
Soldaten beigelegt, aber Augustus erlaubte ihm nicht, diesen zu führen.
54,36,2-4
Gegen sie (die Dalmatier und Darker) wurde Tiberius aus Gallien, wohin er mit
Augustus gegangen war, entsandt und brachte sie wieder zum Gehorsam; das Gebiet
der Kelten, vor allem der Chatten- denn diese waren auf die Seite der Sugambrer
getreten und hatten das Land, dass sie von den Römern zur Ansiedlung erhalten
hatten-, wurde von Drusus teils verwüstet, teils unterworfen. Daraufhin kehrten
sie mit Augustus nach Rom zurück; dieser war nämlich meistens in der Lugdunensis, um aus der Nähe das Verhalten der Kelten zu beobachten.
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Cassius Dio war ein
griechischer Historiker der von 164 n. Chr. bis ungefähr 230 n. Chr. lebte, und
uns die wichtigsten Daten seines Lebens selbst nennt. Er stammt aus einer
griechisch gebildeten und vornehmen Beamtenfamilie. Geprägt von der griechischen
Sprache und Kultur seiner Heimatstadt Nikaia in der Provinz Bithynien, folgte er
seinem Vater nach Rom und begann dort seine senatorische Karriere. Er hatte die
Ämter des Praetor ( 193 n. Chr.) und des Konsuls (204 n. Chr.) inne und war
davor wahrscheinlich Statthalter in einer der östlichen Provinzen Roms. In der
Zeit von 211 bis 229 n. Chr. hielt er sich zeitweise in Bithynien auf, wo er auch
230 n. Chr. starb. Er war Curator der Städte Pergamon und Smyrna, Proconsul (
223 n.Chr. ). Er leitete die Provinzen Afrika, Dalmatien und Oberpannonien und
wurde 229 n. Chr. wieder Konsul.
Für seine Römische Geschichte, die er 211/212
n. Chr. in 80 Büchern verfasste und die heute nur unvollständig erhalten ist,
sammelte er nach eigener Angabe 10 Jahre lang Materialien. Er verfasste seine
römische Geschichte als Altersbeschäftigung in griechischer Sprache.
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55,9-10,2-3 Gleichzeitig gab es neue Ereignisse
bei den Kelten. Domitius Ahenobarbus hatte früher, als er noch die Gebiete an
der Donau verwaltete, die Hermunduren, die ihre Heimat aus mir unbekannten Grund
verlassen hatten, und auf der Suche nach neuem Land umherirrten, unter seinen
Schutz genommen und in einem Teil des Markomannengebiets angesiedelt. Und er
hatte die Elbe, ohne dass ihm jemand entgegentrat, überschritten.
Freundschaftsverträge mit den dortigen Barbaren geschlossen und an dem Strom
einen Altar für Augustus errichtet. Jetzt aber war er an den Rhein gekommen, und
als er einige vertriebene Cherusker durch Vermittlung anderer in ihre Heimat
zurückführen wollte, hatte er dabei keinen Erfolg und bewirkte so, dass auch die
anderen Barbaren sie verachteten. Mehr wurde in diesem Jahr nicht erreicht.
55,28,5-7
Während sich dies ereignete, zog gegen die Kelten neben anderen auch Tiberius zu
Felde. Er rückte bis zu dem Strom, zuerst bis zur Weser, dann aber sogar bis zur
Elbe vor. Freilich, irgendwas Erwähnenswertes wurde damals nicht erreicht,
obgleich nicht nur Augustus sondern auch Tiberius, daraufhin den Imperatortitel
annahmen und Gaius Sentius Saturninus, der Statthalter von Germanien, nicht nur
einmal, sondern sogar zum zweiten Mal aus Furcht vor ihnen Verträge schlossen.
Der Grund dafür aber, dass ihnen, obgleich sie Vertragsbrüchig geworden waren,
nach kurzer Zeit wieder Frieden gewährt wurde, bildeten die Vorgänge in
Dalmatien und Pannonien, wo größere Unruhen ausgebrochen waren, die sofortiges
Eingreifen erforderlich machten.
55,30,1
Als Tiberius davon erfuhr, verließ er, aus Besorgnis, sie würden nach Italien
einfallen, das keltische Gebiet, ließ Messalinus vorausziehen und kam mit dem
größten Teil der Armee bald selbst nach.
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56,18,1-5-19,1
All diese
Beschlüsse waren kaum angenommen worden, als eine furchtbare Nachricht aus
Germanien kam, die sie zum Abbruch der Siegesfeiern zwang. Denn gerade zu jener
Zeit war folgendes im Keltenland geschehen: Die Römer besaßen zwar einige Teile
dieses Landes, doch kein zusammenhängendes Gebiet, sondern wie sie es gerade
zufällig erobert hatten, deshalb berichtet auch die geschichtliche Überlieferung
darüber nichts. Ihre Soldaten bezogen hier ihre Winterquartiere, Städte wurden
gegründet, und die Barbaren passten sich ihrer Lebensweise an, besuchten die
Märkte und hielten friedlich Zusammenkünfte ab. Freilich hatten sie auch nicht
die Sitten ihrer Väter, ihre angeborene Wesensart, ihre unabhängige Lebensweise
und die Macht ihrer Waffen vergessen. Solange sie also nur allmählich und auf
behutsame Weise hierin umlernten, fiel ihnen der Wechsel ihrer Lebensweise nicht
schwer, ja sie fühlten die Veränderung nicht einmal. Als aber Quintilius Varus
den Oberbefehl über Germanien übernahm und sie zu rasch umformen wollte, indem
er ihre Verhältnisse Kraft seiner Amtsgewalt regelte, ihnen auch sonst wie
Unterworfenen Vorschriften machte und insbesondere von ihnen wie von Untertanen
Tribut eintrieb, da hatte ihre Geduld ein Ende. Die Anführer versuchten sich
wieder der früheren Herrschaft zu bemächtigen, und das Volk wollte lieber den altgewohnten Zustand als die fremde Tyrannei. Eine offene Empörung vermieden sie
zwar, weil sie die große Zahl der Römer sowohl am Rhein als auch im Innern ihres
eigenen Landes sahen. Vielmehr empfingen sie Varus, als ob sie all seine
Forderungen erfüllen wollten, und lockten ihn so weit vom Rhein weg in das
Gebiet der Cherusker und zur Weser. Auch hier verhielten sie sich so friedlich
und freundschaftlich, dass sie ihn zu dem Glauben verleiteten, sie würden auch
ohne militärischen Zwang die Knechtschaft ertragen. Daher hielt er auch seine
Legionen nicht, wie es doch in Feindesland angebracht gewesen wäre, zusammen,
sondern stellte zahlreiche Mannschaften zur Verfügung, wenn sie, weil sie selbst
zu schwach seien, ihn darum zum Schutz gewisser Landesteile, zur Ergreifung von
Räubern oder zum Geleit von Lebensmittelfuhren ersuchten.
Die eigentlichen
Häupter der Verschwörung und Anstifter des Anschlages und des Krieges waren aber
vor allem Arminius und Segimerus, die ihn ständig begleiteten und oft auch seine
Tischgäste waren. Als er nun voll Selbstvertrauen war, nichts Böses erwartete
und allen, die die Vorgänge mit Misstrauen betrachteten und ihn zur Vorsicht
mahnten, nicht nur keinen Glauben schenkte, sondern sie sogar zurechtwies, weil
sie sich grundlos beunruhigten und jene Männer verleumdeten,
da erhoben sich als
erste einige entfernt von ihm wohnende, und zwar nach abgesprochenem Plan, damit
Varus, wenn er gegen diese zöge, auf dem Marsche leichter überrumpelt werden
könne, da er ja durch Freundesland zu ziehen glaubte, und damit er nicht, wie
bei einem plötzlichen allgemeinen Losschlagen, besondere Sicherheitsvorkehrungen
treffe. Und so geschah es; sie begleiteten ihn beim Aufbruch, blieben dann aber
zurück, um, wie sie sagten, die Streitkräfte der Bundesgenossen zusammenzuziehen
und ihm so schnell wie möglich zu Hilfe zu kommen, übernahmen ihre Truppen, die
irgendwo bereit standen, ließen die bei ihnen jeweils stationierten und vorher
angeforderten Soldaten umbringen und zogen nun gegen ihn, als er schon in schwer
passierbare Gebirgswälder geraten war. Und kaum hatte es sich herausgestellt,
dass sie Feinde statt Unterworfene waren, da richteten sie auch schon
unermessliches Unheil an.
56,20,1-5
Das Gebirge war nämlich reich an Schluchten und
uneben, die Bäume standen dicht und überhoch gewachsen, so dass die Römer schon
vor dem feindlichen Überfall mit dem Fällen der Bäume, dem Bauen von Wegen und
Brücken, wo es sich erforderlich machte, große Mühe hatten. Sie führten auch
viele Wagen und Lasttiere mit sich, wie mitten im Frieden. Dazu folgten ihnen
nicht wenige Kinder und Frauen sowie der übrige riesige Tross, so dass sie schon
deshalb weit auseinander gezogen marschieren mussten. Gleichzeitig brachen noch
heftiger Regen und Sturm los und zersprengten sie noch mehr; der Boden, um die
Wurzeln und unten um die Baumstämme herum schlüpfrig geworden, machte jeden
Schritt für sie zu einer Gefahr, und abbrechende und herabstürzende Baumkronen
schufen ein großes Durcheinander. Während sich die Römer in einer derart
verzweifelten Lage befanden, kreisten sie die Barbaren, die ja alle Schleichwege
kannten und unvermutet selbst aus den dichtesten Wäldern hervorkamen, von allen
Seiten zugleich ein. Anfangs schossen sie nur von weitem, dann aber, als sich
keiner wehrte und viele verwundet wurden, begannen sie den Nahkampf. Denn da sie
nicht irgendwie geordnet, vielmehr mitten zwischen den Wagen und dem
unbewaffneten Tross marschierten, sich auch nicht so leicht zusammenschließen
konnten und so den immer wieder angreifenden Feinden jeweils an Zahl unterlegen
waren, erlitten sie viele Verluste, ohne selbst dagegen irgend etwas
auszurichten. Sobald sie einen geeigneten Platz gefunden hatten, soweit dies in
einem Waldgebirge überhaupt möglich war, schlugen sie dort ein Lager auf, dann
verbrannten sie die Mehrzahl der Wagen und alles
andere, was sie nicht unbedingt brauchten, oder ließen es zurück, brachen dann
am anderen Morgen in etwas besserer Ordnung auf, so dass sie bis zu einer
Lichtung kamen; doch war ihr Abzug nicht ohne blutige Verluste geblieben. Von
dort brachen sie erneut auf und gerieten wieder in die Wälder, wehrten sich zwar
gegen ihre Angreifer, doch brachte gerade dies ihnen die Verluste; denn wenn
sich auf dem engen Raum Reiter und Fußsoldaten zusammenschlossen, um sie
gemeinsam anzugreifen, kamen sie zu Fall, weil sie entweder über einander oder
auch über die Baumwurzeln stolperten. So brach der vierte Tag ihres Marsches an,
als erneut ein starker Regen und ein furchtbarer Sturm sie überfielen, so dass
sie weder vorwärts kommen noch fest auf der Stelle stehen, ja nicht einmal ihre
Waffen gebrauchen konnten. Denn Pfeile, Wurfspieße, sogar auch die Schilde
waren, da alles völlig durchnässt war, kaum zu benutzen. Die Feinde dagegen, die
größtenteils leicht bewaffnet waren und ohne Gefahr die Möglichkeit zum Angriff
und Rückzug hatten, traf das weniger. Dazu konnten sie, da ihre Zahl sich stark
vergrößert hatte - denn von den übrigen, die vorher noch vorsichtig gewesen
waren, eilten viele herbei, hauptsächlich um Beute zu machen -, jene, deren Zahl
sich bereits verringert hatte - denn viele waren in den vorhergehenden Kämpfen
gefallen -, leichter umzingeln und niederhauen. Da entschlossen sich Varus und
die übrigen hohen Offiziere aus Furcht, lebendig gefangen oder gar von ihren
unerbittertsten Feinden umgebracht zu werden, zumal sie bereits verwundet waren,
zu einer furchtbaren, aber notwendigen Tat: sie töteten sich selbst. Als dies
bekannt wurde, da gab auch jeder andere, selbst wenn er noch bei Kräften war,
seinen Widerstand auf. Die einen folgten dem Beispiel ihres Feldherrn, die
anderen warfen ihre Waffen weg und ließen sich von dem ersten besten töten, denn
an Flucht war überhaupt nicht zu denken, selbst wenn man es noch so gern gewollt
hätte. So wurde denn ohne eigene Gefahr alles niedergemetzelt, Mann und Ross,
und ..(.Hier weißt der Text eine Lücke auf)***
Und die Barbaren erstürmten sämtliche Kastelle außer einem; dieses aber hielt
sie so lange auf, dass sie weder den Rhein überschritten noch nach Gallien
einfielen. Vielmehr konnten sie nicht einmal dieses in ihre Gewalt bringen, da
sie sich nicht auf die Belagerung verstanden und zudem die Römer zahlreiche
Bogenschützen hatten, von denen sie unter sehr starken Verlusten zurückgedrängt
wurden. Als sie dann die Nachricht erhielten, dass die Römer am Rhein Wache
hielten und dass Tiberius mit einem starken Heer im Anmarsch sei, ließen die
meisten vom Kastell ab; die Zurückgebliebenen entfernten sich etwas von ihm, um
nicht durch plötzliche Ausfälle der Besatzung Schaden zu erleiden, und behielten
die Anmarschwege scharf im Auge, in der Hoffnung, durch Lebensmittelknappheit
die Übergabe zu erzwingen. Die römische Besatzung aber harrte aus, solange sie
genügend Proviant hatte, und hoffte auf Entsatz. Als ihnen aber niemand zu Hilfe
kam und der Hunger sie quälte, warteten sie eine stürmische Nacht ab und zogen
ab. Es waren wenige Soldaten, viele ohne Waffen. Und...... sie kamen auch an
deren erstem und zweiten Wachtposten vorbei; als sie sich aber dem dritten
näherten, wurden sie bemerkt, da die Frauen und Kinder aus Erschöpfung und Angst
und wegen der Dunkelheit und Kälte andauernd die Männer zurückriefen. Und sie
wären alle zugrunde gegangen oder auch in Gefangenschaft geraten, wenn sich die
Barbaren nicht zu sehr mit dem Erraffen der Beute aufgehalten hätten. Denn so
gewannen die Stärksten einen großen Vorsprung, und indem die Trompeter, die bei
ihnen waren, das bei schnellem Marsch übliche Signal bliesen, erweckten sie beim
Feinde den Glauben, dass sie von Asprenas geschickt seien. Daher ließen diese
von der Verfolgung ab, und als Asprenas von dem Vorfall hörte, kam er ihnen
tatsächlich zu Hilfe. Später kamen auch einige Gefangene zurück, die von ihren
Verwandten losgekauft worden waren; doch war ihnen dies nur unter der Bedingung
gestattet worden, dass sie außerhalb Italiens blieben.
56/23-24
Auf die Nachricht von dem Missgeschick des Varus, hin
zerriss Augustus sein Gewand, und war tief bekümmert über die Verluste an
Menschenleben, und voller Besorgnis wegen der gallischen und germanischen
Provinzen. Vor allen Dingen aber glaubte er Italien und Rom selbst bedroht. War
doch hier keine nennenswerte waffenfähige Mannschaft mehr vorhanden, und die
Bundesgenossen, die nur irgend zu brauchen waren, hatten auch sehr gelitten.
Trotzdem traf Augustus alle Vorkehrungen, die bei der gegenwärtigen Lage der
Dinge möglich waren. Weil sich keiner der Kriegspflichtigen ausheben lassen
wollte, wurde von den noch nicht über 35 Jahre alten Leute regelmäßig der
fünfte, und von den älteren der zehnte Mann ausgelost, und durch Konfiskation
des Vermögens und Entziehung des römischen Bürgerrechte bestraft. Als sich
schließlich auch so noch sehr viele ihrer Pflicht entziehen wollten, ließ er
einige sogar hinrichten. Danach hob er aus der Zahl der entlassenen Veteranen
und Freigelassenen, möglichst viele durchs Los aus ,und ließ sie sofort in
Eilmärschen unter Tiberius nach Germanien abgehen. Die vielen Gallier und
Germanen, die in Rom teils als Privatleute ansässig waren, teils in einer
Leibwache dienten, wiese er aus Furcht vor einem Aufstand aus; letztere wurden
auf einige Inseln deportiert, erstere mussten Rom unbewaffnet verlassen. Das
waren die Maßnahmen, die der Kaiser damals traf. Von alledem was sonst üblich
war, geschah nichts; auch die Feste wurden nicht gefeiert. Die Kunde jedoch,
dass ein Teil des Heeres mit dem Leben davon gekommen, dass Germanien von
römischen Truppen besetzt sei, und das sich der Feind nicht bis zum Rhein
vorgewagt habe, ließ den Kaiser wieder aufatmen und gab ihm seine ruhige
Überlegung wieder. Das Unglück aber, dass in solcher Schwere und so plötzlich
über Rom hereingebrochen war, glaubte er auf den besonderen Zorn einer Gottheit
zurückführen zu müssen. In dieser Vermutung bestärkten ihn ganz augenfällig die
Wunderzeichen vor und nach der Niederlage des Varus. In den Tempel des Mars auf
dem Marsfelde war der Blitz gefahren. Heuschreckenschwärme, die bis in die
Stadt selbst hinein flogen, waren von Schwalben gefressen worden, es hatte
geschienen als ob die Alpengipfel aneinander stießen und drei Feuersäulen dabei
aufstiegen; an vielen Stellen schien der Himmel zu brennen; Speere sah man von
Norden her aufs römische Lager zufliegen; Bienen bauten Waben an den Altären im
Lager, und eine Statue der Siegesgöttin auf germanischen Boden, die ihr
Angesicht dem feindlichen Lande zukehrte, drehte sich nach Italien um. Auch kam
es einmal unter den Soldaten um die Legionsadler im Lager, gleich als sei der
Feind eingedrungen, zu einem recht unnützen Kampf und Streit.
56,24,6
Tiberius zog es vor, nicht über den Rhein zu gehen, sondern verhielt sich ruhig
und gab darauf acht, dass die Barbaren das nicht taten. Aber auch sie wagten
nicht den Übergang, da sie von seinen Anwesenheit wussten.
56,25,2-3
In dem Jahr als Marcus Aemilius und Statilius Taurus Konsuln waren, fielen
Tiberius und Germanicus- letzterer als Prokonsul- in keltisches Gebiet ein und
durchstreiften einen Teil desselben, jedoch siegten sie weder in einer Schlacht-
denn es ließ sich keiner mit ihnen ein- noch unterwarfen sie irgendeinen Stamm.
Denn aus Furcht, sich wiederum einem Unglück auszusetzen, entfernten sie sich
nicht weit vom Rhein, sondern blieben dort in der Gegend bis in den Herbst
hinein, feierten das Geburtstagsfest des Augustus mit einem Pferderennen, das
die Centurionen veranstalteten, und gingen dann zurück.
57,18,1
Germanicus noch immer in Sorge vor einer neuen Empörung, zog mit den Soldaten in
Feindesland und hielt sich dort länger auf, weil er ihnen Beschäftigung und
zugleich reichlichen Proviant auf fremde Kosten geben konnte. Germanicus drang
auf seinem Feldzug gegen die Kelten erfolgreich bis an den Ozean vor, errang
über die Barbaren einen überwältigenden Sieg, ließ die Gebeine der unter Varus
Gefallenen sammeln und bestatten und erlangte auch die verlorenen Feldzeichen
wieder.
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