Diese Voraussetzungen finden sich im
deutsch-niederländischen Grenzgebiet in so großer Fülle, dass nur ein
weiteres Bestimmungskriterium eine genauere Einordnung ermöglicht. So
musste damals eine größere Nähe zum Rheinstrom und nicht zu den
bestehenden rechtsrheinischen Legionslagerstandorten gegeben sein, denn
andernfalls hätte der Reiterpräfekt Vala mit seinen Einheiten nicht
versucht, bei seiner Desertierung diesen Fluss als rettenden Fluchtpunkt
zu erreichen. Zudem muss das Varusschlachtfeld in einer relativ geringen
räumlichen Entfernung zum Lager Aliso stehen, denn sonst hätten sich die
Überlebenden der Varusschlacht nicht zu diesem Lager flüchten können,
und gleichzeitig hätte Arminius nach seinem Abzug nach der Belagerung
von Aliso nicht den Grabtumulus der drei untergegangenen Legionen
zerstört.
Ferner
muss man nach der uns vorliegenden Quellenlage davon ausgehen, dass
Varus einen aufsässigen Germanenstamm zur Räson zwingen wollte, und der
römische Statthalter auf dem Weg zu dem Aufstandgebiet in einen
Hinterhalt geriet und mit seinem Heer vernichtet wurde. Identifiziert
man die Stammesreste der Sugambrer und auch der Usipeter in ihrem
verbliebenen Territorium in der Hooge Veluwe, als den Unruheherd den
Varus bereinigen wollte, so musste er mit seinem Heer, ausgehend von den
Legionslagern Vetera, Haltern und Anreppen den niederländischen
Achterhoek durchqueren, um ins vermeintliche Aufstandsgebiet zu
gelangen.
Betrachtet man sich nun die topographischen Umstände des Achterhoek
während der Römerzeit, so war es ohne genaue Ortskenntnis nicht möglich,
in diesem Gebiet ab der Linie
Bocholt-Aalten-Winterswyk-Haaksbergen-Enschede mit einem großen Heer zu
operieren, denn der überwiegende Teil des Geländes ab dieser Grenze zur
Niedertrasse, stellte sich vor zweitausend Jahren für die Römer als ein
von Sümpfen durchzogenes, partiell grundloses Bruchgebiet dar. Es gab
hier im Grunde nur eine, auch den Römern bekannte und für ihr Heer
nutzbare Wegeführung, auf der sie dieses Gebiet in Zugrichtung Hooge
Veluwe durchqueren konnten. Dabei handelt es sich um einen schmalen
Fugsandhöhenrücken innerhalb eines umliegenden und von der
Bodenbeschaffenheit staunassen Bruchlandes, der sich von Aalten herab in
den Achterhoek hineinzog, und über dem ein Vorwärtskommen selbst mit
einem großen Heer gewährleistet war. Diese Trasse könnte das Varusheer
für den Einmarsch in die Hooge Veluwe benutzt haben, denn im Verlauf
dieses Anmarschweges war es möglich den römischen Legionen aufzulauern,
sie umstellen, und sie dann dort in einem unentrinnbaren Hinterhalt zu
vernichten. Wenn diese Annahmen für sich allein gestellt auch nur eine
auf Indizien beruhende Spekulation sein können, so lassen andere
Beweise, die sich in markanten Ortsbenennungen wieder finden, zusätzlich
ein derartiges Szenario wahrscheinlicher werden.